2023–01–19T14:41:23GMT+0100
pegasus die band auf dem Feld

 «Ich erinnere mich vor allem ans Traktorfahren. Daran hatte ich am meisten Spass.»

«Schweizer Bauer»-Magazin: Habt ihr einen Bezug zur Landwirtschaft oder zum Landleben?
Simon: Mein Vater führte ein Traktoren- und Landmaschinengeschäft. Ich war viel mit ihm unterwegs: im Seeland, in der Westschweiz und im Tessin. So habe ich einen Einblick in die Landwirtschaft bekommen. Ich erlebte die Bauern als stolze Menschen. Und ich erinnere mich, dass sie gern viel redeten. Als ich ein Giel war, sassen wir oft bei Landwirten in der Stube, ich wollte immer heim, aber mein Vater blieb einfach sitzen und hörte zu. Heute weiss ich nicht mehr so viel über Bauern. Ich habe den Eindruck, dass sie gern unter sich bleiben. Unter ihnen herrscht vielleicht das Klischee vor, dass die aus der Stadt sowieso keine Ahnung haben. 


Hast du keinen Kontakt mehr zu Bauern?
Simon: Doch, ein Freund von mir, Georges, führt in Graubünden einen Betrieb. Mit Hofschlachtungen. Als einer von wenigen Betrieben in der Schweiz erfüllt er alle Voraussetzungen dafür und hat die Bewilligung, die Tiere bei sich zu schlachten. Er hat früher mit uns beim FC Traktor Fussball gespielt. 
Noah: Schon damals hat er die Bälle ins Goal geschlachtet. 
Sie lachen.


Habt ihr einmal auf einem Betrieb gearbeitet?
Gabriel: Nach der Schule habe ich eine KV-Lehre angefangen. Ich merkte schnell, dass mir das nicht entsprach. In der Zeitung las ich von der Pop-Schule in Zürich, ich bewarb mich und bestand die Aufnahmeprüfung. Die KV-Lehre brach ich ab. Doch bevor es an der Pop-Schule losging, hatte ich noch ein halbes Jahr zu überbrücken. Damit meine Eltern nicht zu unruhig wurden, habe ich in dieser Zeit auf einem Hof gearbeitet.

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Was für ein Hof war das?
Gabriel: Der Falbringenhof in Biel, ein Biobetrieb. 


Was musstest du machen?
Gabriel: Ich erinnere mich vor allem ans Traktorfahren. Daran hatte ich am meisten Spass. 

Was ist dir sonst noch besonders in Erinnerung geblieben?
Gabriel: Wir standen damals um sechs Uhr auf und frühstückten. Um neun assen wir wieder, dann gabs Mittagessen, um vier Zvieri und um sechs Uhr assen wir noch einmal. So viele Mahlzeiten habe ich danach in meinen ganzen Leben nie mehr zu mir genommen. 


Und jetzt, da du nicht mehr dort arbeitest, hast du noch einen Bezug zur Landwirtschaft?
Gabriel:  Ja, durch mein Gemüse- und Eierabo. Wie einige meiner Bekannten bekomme ich diese Produkte regelmässig direkt ab Hof zugeschickt, was ich ziemlich cool finde.


Was ist mit dir, Stefan, warst du als Kind auch auf Bauernhöfen?
Stefan: Ich bin in Brügg aufgewachsen. Dort gibt es fünf Bauern. Wir holten oft Eier und manchmal Fleisch direkt bei ihnen. Das war cool.


Hast du jetzt, da du erwachsen bist, etwas davon beibehalten?
Stefan: Nein, jetzt hole ichs in den üblichen Lebensmittelgeschäften. Selbst wenn ich gern auf Höfe ginge, ist mir der Aufwand etwas zu gross. 

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Achtest du dort darauf, was du kaufst?
Stefan: Ich kaufe meistens Bioprodukte, aber ansonsten nehme ich, worauf ich Lust habe. 


Wo kaufst du deine Lebensmittel ein, Noah?
Noah: Ich habe auch einen Bezug zu diesem Falbringenhof in Biel, auf dem Gabriel gearbeitet hat. Wir waren als Kind manchmal dort. Dadurch habe ich einen gewissen Bezug zu Lebensmitteln und ihrer Herkunft aufgebaut. Das breite Bewusstsein für mehr regionale und biologische Produkte kam meines Erachtens aber erst in den letzten Jahren immer mehr auf. Ich beziehe meine Produkte möglichst frisch. Das ist ja bei uns kein Problem. Auch die Detailhändler haben gute Produkte. Wenn ich etwas Spezielles brauche, fahre ich auch mal etwas weiter und hole es bei einem Hofladen.
Simon: Das habe ich neulich auch gemacht. Ich brauchte eine Hühnerbrühe und wollte sie von Grund auf selbst machen. Also bin ich nach Süri bei Bern gefahren und habe Suppenhühner gekauft. Es war eindrücklich zu sehen, dass die Tiere dort ein gutes Leben hatten und draussen rumrennen konnten. Es macht mehr Spass, so etwas zu kochen. Dafür lohnt es sich, den Weg auf sich zu nehmen, auch wenn man das nicht jeden Tag machen kann. Und die Hühnerbrühe war lecker.


Verzichtet ihr auf etwas, weil ihr wisst, dass es nicht nachhaltig ist? 
Gabriel: Die Frage der Nachhaltigkeit habe ich meist im Hinterkopf. Ich kaufe zum Beispiel keine Erdbeeren im Winter. Wenn ich auf der Packung lese, dass etwas schon fast von einem anderen Planeten kommt, macht es mich nicht an, das zu kaufen. 
Simon: Ich war einmal für ein kurzes Praktikum auf einem Bauernhof im Jura. Dort machte ich mir Gedanken über Fleischkonsum. Es gab dort eigentlich nie Fleisch. Nur am Wochenende. Und dann wusste man, wen man isst. «Das ist Vroni», haben sie zum Beispiel gesagt. Das war speziell. Man isst anders, als wenn man das Fleisch im Laden kauft. 


Mit mehr Respekt?
Simon: Vielleicht auch mit weniger Appetit. 
Gabriel lacht.
Gabriel:
 Bei uns kauft vor allem meine Frau ein, und sie kauft praktisch nie Fleisch. Ich esse es deshalb daheim eigentlich nicht. Manchmal auswärts. Und ich denke, es ist in Ordnung, sich zu fragen, ob es richtig und gut ist, jeden Tag Fleisch zu konsumieren.

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«Ich wusste, wen ich ass.»

Besonders während Corona entwickelte sich eine gewisse Sehnsucht der Menschen, von der Stadt aufs Land zu gehen. Ihr wohnt alle mehr oder weniger in der Stadt. Spürt ihr diese Sehnsucht auch?
Simon: Durch Corona und nun den Krieg und die Energiekrise kommt der Gedanke auf, dass es eine gute Idee wäre, sich selbst mit dem eigenen Garten und so weiter zu versorgen. Bauern, die das schon immer gemacht haben, erscheinen dadurch in einem anderen Licht. Lange war es ein Schimpfwort, wenn jemand «burig» war. Jetzt bewundert man sie eher für ihre Unabhängigkeit.
Gabriel: Ich habe diese Sehnsucht nach Natur definitiv. Am Wochenende habe ich Lust, in den Wald zu gehen und aus der Stadt rauszukommen. 
Noah: Ich bin wohl der, der von uns am nächsten an der Natur lebt. Ich wohne etwas ausserhalb der Stadt. Die Weitläufigkeit und die Möglichkeit, nach draussen zu gehen, an den See oder in den Wald, trug gerade während Corona stark zu meiner Lebensqualität bei. Ich glaube das Bedürfnis, zurück zur Natur zu gehen, zurück zu den Wurzeln und zur Quelle der Dinge, ist allgemein stärker geworden. 


Glaubt ihr, dass die Landwirtschaft und die Bauern wichtig sind für unser Land?
Noah: Ich verbinde die Schweizer Bauern stark mit dem, was die Schweiz ausmacht. Dadurch, dass es bei uns nie wirklich eine Klassengesellschaft gegeben hat, sind die Bauern Teil des Ursprungs unseres Landes. Betrachtet man es mythologisch, haben sie unser Land gegründet. Nicht nur deshalb haben wir Schweizer eine engere Verbindung zu den Bauern, viel stärker als Leute, die in einer Monarchie leben. Ich habe den Eindruck, dass die Bauern in England zum Beispiel viel weniger Teil des öffentlichen Diskurses sind. Bei uns ist das anders. Wir verhandeln immer wieder öffentlich, was die Bauern für unser Land sind, was sie darstellen und welche Rolle sie in unserem Leben einnehmen sollten. 
Stefan: Die Stellung der Bauern und der Landbevölkerung zeigt sich auch an unserem Bundesrat. Es sind sieben Leute in diesem Gremium und kaum eine oder einer kommt aus der Stadt. 
Simon: Es ist ein richtiger Gummistiefel-Bundesrat
Sie lachen.
Gabriel:
Die Landwirtschaft und die Städte in Kombination machen unser Land aus. Es braucht diese beiden Pole. Ausserdem prägt das Bäuerliche das Landschaftsbild stark. Die Fahrt im Zug von Biel nach Zürich wäre ohne Bauernhöfe und Felder niemals das Gleiche.
Stefan: Das Bild, das man im Ausland von der Schweiz hat, ist ja auch eher ein ländliches. Wenn man im Ausland an die Schweiz denkt, hat man wohl eher ein Feld als eine U-Bahn vor Augen. 

Ärgert euch als Städter das?
Stefan: In Zürich am Flughafen regt es mich auf. In diesem Bähnchen, das einen von einem Terminal zum nächsten fährt, hört man Glockengeläut und «Muuuh»-Geräusche, das nervt mich. 
Sie lachen. 
Stefan: Sonst stört es mich nicht. 


Ihr spielt in der ganzen Schweiz Konzerte. 
Gibt es Unterschiede, ob ihr irgendwo im Jura spielt oder mitten in Bern oder Zürich?

Gabriel: Ja, wir haben viel gesehen und sind an vielen unterschiedlichen Orten aufgetreten. Die Leute sind sicher unterschiedlich. Schaut man in Zürich ins Publikum, sieht man ein anderes als etwa in Hochdorf. Aber von der Energie her ist es eigentlich vergleichbar.


Jetzt wird es Frühling. Alles erwacht langsam. 
Freut ihr euch auf etwas Bestimmtes?
 
Simon: Die grösste Freude am Frühling ist, dass der Winter vorbei ist. Es ist eine versöhnliche Zeit. Es fängt alles wieder zu leben an und man merkt: Ah gut, die Natur macht noch einmal eine Runde. 
Gabriel: Auch für uns als Band kommt wieder viel Schönes. Im Winter ist die Clubtour zu Ende gegangen. Jetzt kommt die Zeit, in der das Leben wieder draussen stattfindet. Wir spielen wieder Openair-Konzerte. Und aufs Melody-Festival, das im Mai in Aarau stattfindet, freue ich mich. Dort treten wir mit einem Orchester auf. 


Und kulinarisch, freut ihr euch auf ein Frühlingsprodukt?
Gabriel: Ich freue mich, endlich nicht mehr nur Chöli zu essen. Im Gemüseabo war jedes Mal eine Kohlart drin, das wird im Frühling anders. 

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