Unsere Autorin bekennt Farbe: Warum aus ihren ersten Färbversuchen mit Spinat nichts geworden ist, und warum die Ostereier dieses Jahr gerettet sind.
Ich mach blau – aber nur kurz
Bilder ― Nina Kobelt
Text ― Nina Kobelt
Es gibt ja so einiges, das mich in Begeisterung versetzt. Etwa, wenn sich in meinem Leben Dinge verlinken und mich für eine Weile nicht mehr loslassen. So geschehen in folgendem Beispiel: Kürzlich habe ich ein Buch über eine Piktenprinzessin gelesen («Ich, Lady Macbeth» von Isabelle Schuler), die künftige Königin Schottlands schmiert sich in ihrer Jugend noch blaue Farbe ins Gesicht – weil ihr Volk das so handhabte. Zufällig (oder auch nicht!) schaute ich mir letzthin zum x-ten Mal «Braveheart» an. Mel Gibson alias schottischer Rebellenführer William Wallace hat dort (sein Gesicht) blau gemacht.
Das Blau dieser beiden Figuren ist ein spezielles, weder gleicht es einem See noch dem Himmel, es liegt irgendwo dazwischen. Ich nenne es eigentlich immer «Braveheart-Blau».
Dank meinem Kräuterkurs weiss ich jetzt: Die haben Färberwaid benutzt! Sie soll, wie auch das tropische Indigo, antiseptisch wirken (was natürlich in einer Schlacht von Vorteil sein kann).
Meine Erfahrungen in Sachen Pflanzenfärberei waren bis kürzlich relativ bescheiden:
‣ Risotto färbe ich gerne mit Randen ein. – Ich habe schon mal nach Instagramanleitung ein Tischtuch mit Avocadoschale gefärbt. Das funktionierte ganz gut, sogar nach dem Waschen schimmert das Tuch noch schön rosa.
‣ Ein anderer Färbversuch endete nicht gerade in einem Desaster, aber in einem Desasterchen respektive mit einem kopflosen Pferd: Ich mörserte Spinatblätter, presste diese mithilfe eines Tuches und versuchte dann, mit diesem Spinatwasser (dessen Farbe ich liebe) Kerzenwachs zu färben. Zuerst triumphierte ich, es schien zu klappen. Doch als ich die Kerze – erkaltet unterdessen – aus ihrer Form, einer Schachfigur, schälte, hatte sich der Spinat im unteren Teil gesammelt, was zur Folge hatte, dass dem Pferdchen der Kopf abfiel.
Das Blattgrün des Spinats, erklärte mir dann später Alexandra Milesi, ist zwar ein Farbstoff, der in Fett oder Alkohol löslich ist. Aber das mit den Kerzen sei schwierig, allerdings habe sie keine Erfahrung. Sie schenkte mir ein Säcklein Alkanawurzel, sie soll rosalila einfärben (ausprobiert hab ich das noch nicht).
«Ein anderer Färbversuch endete nicht gerade in einem Desaster, aber in einem Desasterchen respektive mit einem kopflosen Pferd.»
Alexandra Milesi unterrichtet am Kräuter-Seminar vom Inforama im Bernbiet (das ist die Ausbildung, die ich derzeit besuche), an der Kräuterakademie in Salez, und an der Wildkräuterschule in Hundwil gibt sie Kurse über das Färben mit Pflanzen. Selbst wenn es in der kalten Jahreszeit nicht so viel zu sehen gab in ihrem Schau-Kräutergarten (hier wachsen an die 300 Wildkräuter, historische Rosen und alte Gemüsesorten), fuhr ich nach Grabs. Um noch ein wenig mehr einzutauchen in die bunte Welt der Kräuterfrau.
Alexandra Milesi lebt in der Nähe des Grabser Mühlbachs – eines künstlich angelegten Bachs, von dem 20 Gewerbe profitieren. Unter anderem eine Firma für Schafwollverarbeitung, bis Ende 2019 wurde hier Schafwolle mit Wasser aus dem Mühlbach gewaschen und anschliessend gekardet – und zum Teil eingefärbt. Jedenfalls sah ich sie von Weitem, sie stand vor ihrem Häuschen, die schwarze Katze Luna strich ihr um die Beine und verschwand dann im oberen Stock. Dort ist das Atelier und der Kursraum der Pflanzenfrau, die in ihrem Hofladen unter anderem Bärlauchpaste, Kräutersalz, eingelegte Beeren und Sirups verkauft. Nicht nur Gefärbtes.
Man findet eigentlich immer etwas, wenn man zum Beispiel Saftfarben – frisch gepresste Pflanzensäfte – herstellen will. Dazu mörsert oder zerstampft man Blätter, Blüten oder Früchte und presst die Masse durch ein Stückchen Stoff. Ich erinnere mich, wie wir im November Dahlien, Tagetes, Rose, Mangold, Salbeiblüten und vieles mehr aus dem Garten holten.
Als ich zu Besuch war bei Alexandra, band sie gerade Klettenlabkraut zusammen und legte es in ihren Bus – tags darauf war Farbkurs an der Kräuterakademie.
Von Alexandra habe ich viel gelernt, etwa, dass man Textilien immer zuerst nass machen soll, damit sie die Farbe besser aufnehmen. Und immer, wirklich immer! Handschuhe tragen soll (diese Weisung ignorierte ich, als ich im November unter ihrer Anleitung mein Handybändeli mit Indigo färbte – die Hände schimmerten Tage später noch bläulich, ganz im Gegensatz zum synthetischen Band. Das war grau wie immer). Alexandra gab mir auch den Tipp, Wasser, mit dem ich Wolle oder ein Tuch gefärbt habe, nicht einfach wegzuschütten, sondern damit vielleicht Pulpe zur Papierherstellung einzufärben (ich hatte ihr erzählt, dass ich gerne wieder mal eigenes Briefpapier pressen möchte).
Dass der sogenannte Färber-Wau (Reseda luteola) in einen Färbergarten gehört. Dass man natürlichen Ostereierfarben aus der Drogerie für gutes Gelingen ein bisschen Schnaps zugeben und die Eier vorher mit Essig oder Alkohol waschen soll.
Bei meinem Besuch meinte sie, dass der Färberwaid eine Art Renaissance erfahre. In Thüringen (D) zum Beispiel, der deutschen Waid-Hochburg, wenn man so will. Sie fährt im Sommer extra hin, weil diverse Anlässe stattfinden.
Eine kurze Google-Recherche bestätigte mir: Es gibt dort jeweils sogar eine Waid-Prinzessin! Ihre Amtszeit dauert zwei Jahre, ihre Krönung erfolgt zum Sömmerdaer Stadtfest, das jährlich im Juni gefeiert wird. Hihi.
Zurück zur Färberei: Mir ist das ein bisschen zu kompliziert. Ich habe schon wieder vergessen, womit man fixiert, wie viel Soda man beigeben muss (um eine Farbe basisch zu machen) und wie viel Waid nötig wäre für 100 Gramm Wolle (2–3 Kilogramm Blätter, ich hab dann nachgeschaut).
Aber so richtig kalt lässt mich die Sache auch nicht. Ich habe mir Samen der Färberdistel gekauft. Die Blumen auf dem Sachet sehen schön aus.
Die Menge reicht aber wohl nicht mal, um ein Taschentuch zu färben.
Aber vielleicht einen Risotto!