Die Familie Röösli setzt mit ihrer Naturkosmetik auf die Kraft der Biene. In ihren Cremen hat es nicht nur Honig aus der eigenen Imkerei, es kommen auch andere Stoffe aus dem Bienenstock mit ganz speziellen Eigenschaften zum Einsatz.
Honig ums Maul schmieren
Bilder ― Attila Janes, ZVG
Text ― Janine Gloor
«Die Bienen sind für den 58-jährigen Aargauer nicht nur ein tolles Hobby, unterdessen sind sie zu seinen Geschäftspartnerinnen geworden.»
Herbert Röösli hat die Bienen gern. Als er sich vor 20 Jahren ein Hobby suchte, wusste er, dass es etwas mit Tieren sein sollte. Er stiess auf einen Grundkurs fürs Imkern, blieb zwei Jahre lang dran, um diesen zu absolvieren und war danach den Bienen gänzlich verfallen. «Der Umgang mit den Tieren hat mir sehr gefallen», sagt er und strahlt. Dass man diese Tiere nicht streicheln oder an der Leine ausführen kann, ist Röösli egal. Sie faszinieren ihn, «wie schlau sie sind, wie sie ihr Leben im Bienenstock mit den extremen Hierarchien organisieren».
Und da wäre noch der Honig. Die Bienen sind für den 58-jährigen Aargauer nicht nur ein tolles Hobby, unterdessen sind sie zu seinen Geschäftspartnerinnen geworden. 2018 hat Röösli mit seinen Söhnen Lukas Röösli (29) und Robin Röösli (27) das Unternehmen Röösli Produkte gegründet. Zusammen produzieren sie Naturkosmetik «mit der Kraft der Bienen», wie es auf ihrer Website heisst. Denn Herbert Röösli und seine Söhne sind nicht nur überzeugt vom schlauen Wesen der Biene, sondern auch von den heilenden Eigenschaften ihrer Produkte.
Früher hat die Familie Röösli den Honig aus der eigenen Imkerei an Weihnachts- und anderen Märkten verkauft und dabei auch eine Creme mit Bienenstoffen angeboten. Diese kam aus dem Ausland. Als sie merkten, wie gut diese Creme bei der Kundschaft ankam, entstand die Idee einer eigenen Kosmetikfirma. Sohn Robin brachte sein Wissen aus der Finanzbranche mit, zusammen mit Bruder Lukas, der hauptberuflich in der Vermessung tätig ist, wurde ein Businessplan erstellt. Der Unternehmergeist war geweckt und die Firma Röösli Produkte am Wohnsitz von Herbert Röösli im aargauischen Freienwil wurde gegründet. Das war 2018, seit wenigen Monaten ist die Firma eine Aktiengesellschaft. Während die Söhne neben ihren angestammten Berufen in einem Teilzeitpensum im Betrieb tätig sind, hat Herbert Röösli sich hauptberuflich den Bienen verschrieben.
Das erste Kosmetikprodukt des neuen Unternehmens war eine Handcreme. 1600 Tuben liessen sie herstellen, die Mixtur kreierte eine Consultingfirma, die sich auf Rezepte für Kosmetika spezialisiert hat. Die Herstellung und Abfüllung wurden ebenfalls ausgelagert. Mit der Qualität der Tuben der ersten Handcreme-Produktion waren die Neu-Unternehmer nicht ganz zufrieden. Mit dem Inhalt aber umso mehr. Die Rezeptur der Handcreme haben sie seit der ersten Produktion nicht verändert, und sie landet bei der Kundschaft immer noch am häufigsten im Warenkorb. «Die Handcreme ist unsere Nr. 1», sagt Herbert Röösli. Das Familienunternehmen ist seither stetig gewachsen. Neue Produkte sind dazu gekommen, in einem grossen Lagerraum warten sie palettenweise darauf, verpackt und verschickt zu werden.
«Wenn ein Ei mit Gelée royale gefüttert wird, wird daraus eine Königin.»
Honig ist bekannt dafür, dass er sehr lange haltbar ist. Sehr lange heisst im Fall des Honigs Tausende von Jahren. Schon die Pharaonen hatten gern Honig, damit er ihnen auch nach dem Tod nicht ausging, gab man Honigtöpfe mit ins Grab. Als dieser Honig Jahrtausende später gefunden wurde, war er in einem besseren Zustand als die Pharaonen. Verantwortlich dafür sind unter anderem die antibakteriellen Eigenschaften, die der Honig besitzt. Diese hat sich auch die Familie Röösli für ihre Naturkosmetikprodukte zunutze gemacht. In ihren Cremen befinden sich nicht nur Honig, sondern auch andere Bienenstoffe, denen positive Eigenschaften zugeschrieben werden.
Zum Beispiel Propolis. Im Gegensatz zum Honig ist dieser Stoff aus dem Bienenstock den meisten Menschen nicht so geläufig. Zu Unrecht, wie Herbert Röösli findet. Propolis ist eine harzartige Masse, mit der die Bienen ihre Behausung gegen aussen abdichten. Im Bienenstock ist es heiss und feucht, ideale Bedingungen also für Keime, die mit ihren Krankheiten die Kolonie gefährden können.
Mit Propolis sorgen die Bienen dafür, dass der Stock so dicht wie möglich ist, daher auch der griechische Name pro Polis – vor der Stadt. Gleichzeitig hilft das Bienenharz, bereits eingeschleppte Viren, Bakterien oder Pilze abzutöten. Offiziell sind Bienenprodukte in der Schweiz nicht als Heilmittel zugelassen. Doch Herbert Röösli ist überzeugt, dass ihre Eigenschaften auch den Menschen zugutekommen. «Propolis wirkt entzündungshemmend und stärkt das Immunsystem von innen», sagt er. Im Onlineshop verkauft das Familienunternehmen Propolis-Lösungen. Diese sind vielseitig verwendbar. Röösli senior zum Beispiel trinkt jeden Tag von der Lösung, um fit zu bleiben. Er erzählt von einer Kundin, die Propolis auf eine hartnäckige Warze aufgetragen und diese fast ganz zum Verschwinden gebracht hat. Auch für kleinere Wunden kann man Propolis verwenden. Oder zum Gurgeln bei Zahnschmerzen oder Halsweh. Rööslis mischen die Wunderwaffe Propolis auch als Zutat in ihre Cremen. Und erhalten gute Rückmeldungen. «Drogistinnen sagen mir, dass die Handcreme auch eine beruhigende Wirkung hat.» Auch in der Fusscreme und in der Bodylotion ist Propolis enthalten.
In der Gesichtscreme allerdings fehlt der Bienenharz auf der Zutatenliste. Denn dort drin hat es eine andere Substanz. Auch von den Bienen hergestellt und ganz besonders für die zarte Haut im Gesicht geeignet: Gelée royale. Der Name sagt es schon, hier handelt es ich um etwas ganz Exquisites, etwas Königliches. «Gelée royale ist im Bienenstock ein Futtermittel», sagt Herbert Röösli. Aber nicht für irgendwen. «Wenn ein Ei mit Gelée royale gefüttert wird, wird daraus eine Königin.» In der Kosmetikindustrie ist Gelée royale bekannt und gilt als Anti-Aging-Mittel, das die Hautalterung verlangsamen soll. «Ein ganz feiner Stoff», sagt Herbert Röösli. Der Honig und das Bienenwachs in ihren Kosmetikprodukten stammen aus Rööslis Imkerei, Propolis und Gelée royale kaufen sie im Ausland ein.
Im restlichen Europa sei das Wissen um die positive Wirkung von Bienenprodukten in Kosmetika verbreiteter, sagt Herbert Röösli. Die Schweiz hinke da ein wenig hinterher. Die Familie Röösli ist zufrieden, dass sie diese Lücke füllen konnte. Wie sie gelernt hat, ging es nicht nur darum, gute Produkte zu entwerfen. Sondern auch um die Vertriebskanäle, sodass diese auch gefunden und gekauft werden. Hier kommt Herbert Rööslis Erfahrung als langjähriger Aussendienstmitarbeiter ins Spiel. Unermüdlich bewirbt er seine Produkte bei Drogerien und Apotheken, verbringt viel Zeit unterwegs in der ganzen Schweiz. Mit Erfolg: Nun sind die Röösli-Produkte unter anderem in kleinen Apotheken bis zu grossen Ketten von Drogerien sowie in bekannten Onlineshops erhältlich. Aber sie können auch stets weiterhin im Onlineshop der Familie gekauft werden.
Auf das Schweizerkreuz auf ihren Tuben und Tiegeln sind die Rööslis stolz. Von der ersten Idee eines neuen Produkts, die an einer Sitzung diskutiert und basisdemokratisch abgesegnet wird, bis zur Abfüllung finden alle Produktionsschritte in der Schweiz statt. Robin Röösli verrät, welches Produkt er gern in das Sortiment aufnehmen würde: «Ein festes Duschmittel», sagt er. Praktisch zum Verreisen und braucht keine Plastikverpackung.
Seine vielen Bienenvölker beanspruchen Herbert Röösli etwa einen Tag pro Woche, je nach Saison. Gefragt nach Stichen, lacht er und seine Söhne auch. Während sie sich jeweils ganz vermummen, um bei den Bienen mitzuhelfen, verzichtet Herbert Röösli auch mal auf einen Ganzkörperanzug. «Ich werde etwa 30 bis 40 Mal gestochen pro Saison», sagt er. Doch das sieht er nicht als Nachteil, im Gegenteil. «Es wirkt sehr authentisch, wenn ich so mit meinen Produkten in die Apotheke komme», sagt er. Auch in Zukunft, falls das Unternehmen weiter wächst und mehr Honig für die Kosmetika benötigt werden, wollen die Rööslis diesen aus der eigenen Produktion liefern und nicht einkaufen. «Das sind wir den Bienen schuldig.»