2023–12–15T14:30:00GMT+0100
Schleppschlauch

«Der Schleppschlauch ist durch und durch politisch. Er sorgte im Bundesparlament für hitzige Diskussionen.»

Beim Güllen denken Sie bestimmt an ein Druckfass, das auf manch einem Feld zu sehen war und das den Tierdung versprühte. Damit ist in den meisten Fällen seit Kurzem Schluss. 

Nun kommt der Schleppschlauch zum Einsatz. Was ist das nur, dürfte sich manch ein Laie fragen. Hat es etwa eine anrüchige Komponente? Geht es unter die Gürtellinie? Wahrlich nicht. Der Schleppschlauch ist durch und durch politisch. Er sorgte im Bundesparlament für hitzige Diskussionen.
Es gab politische Vorstösse, Parlamentarierinnen und Parlamentarier vertieften sich in die Materie. Aber eben, was ist er nun? Nun ja, um ein menschliches Organ handelt es sich jedenfalls nicht.

Gemäss AgriLexikon handelt es sich beim Schleppschlauch um eine umweltschonende Form der Gülleausbringung. Am Güllefass befindet sich ein einklappbares Gestänge, an dem Schläuche befestigt sind. Durch die wird die Gülle streifenförmig nah an die Pflanzenwurzel gebracht. Auf Grünland wird die Gülle auf die Grasnarbe gebracht und erst bei Niederschlägen in den Wurzelbereich abgespült. Die Grasnarbe wird so nicht verletzt.

Das Ausbringen der Gülle über die Schleppschläuche gilt als umweltfreundlich. Und ist seit Anfang 2024 schweizweit obligatorisch. Gemäss Bund stammen über 90 Prozent der schweizweiten Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft, ein Grossteil entfällt dabei auf die Gülle. Die Bauernbetriebe haben zwischen 1990 und 2015 die Ammoniakemissionen bereits um 18 Prozent senken können. Mit dem Schlepp­schlauchverfahren sollen sie weiter reduziert werden.

Ammoniak breitet sich in der Atmosphäre aus, wird transportiert und lagert sich in Ökosystemen ab, das hat unkontrollierbare Folgen. In Gewässern führt es zu Algenwachstum und Sauerstoffmangel, im Allgemeinen zum Abnehmen der Artenvielfalt. Darüber hinaus trägt die atmosphärische Ammoniakdeposition auch zur Versauerung von Böden bei, wie es etwa das Deutsche Umweltbundesamt schreibt.

Deshalb muss in der Schweiz mit einigen Ausnahmen nun der Schleppschlauch eingesetzt werden.

Ein grosser Teil der Landwirtschaft äusserte Bedenken bezüglich dieses Obligatoriums. Die Kosten der teuren Geräte wurden ins Feld geführt. In politischen Vorstössen kritisierten einige Landwirtschaftsvertreter, dass die Fässer mit Schleppschlauch schwerer seien und damit den Bodendruck sowie den CO2-Ausstoss erhöhten. Die Einwände fanden jedoch kein Gehör. Deshalb werden Sie künftig auf Feldern meist Güllefässer mit Schleppschlauch sehen – und werden fortan auch das Wort verstehen.


Weitere Artikel

Der Künstler am Käsekessi

Holzernte in den Schweizer Wäldern

Biodiversität im Garten

Im Wald brauchts schwere Maschinen, die tonnenschwere Baumstämme schleppen und heben.

Hof- und Weidetötung soll Tieren den Stress des Schlachthofs ersparen. Noch praktizieren sie nur wenige Bauern. Kommt sie je aus ihrer Nische?

Der Schweizer Rosenkohlanbau ist in Gefahr. An ihm lassen sich die grossen Fragen der Landwirtschaft diskutieren.

Pflügt der Bauer im Winter verschneite Strassen, erlebt er die Ruhe und Poesie der Winternächte.

Was ist der «Moorenbarometer»?