2023–06–22T12:20:00GMT+0200
Glace David Bowie

«Die caramellisierten Rosmarin-Nadeln geben der schmelzenden Masse eine Struktur.»

Der Holztisch ist überstellt. Alte Porzellantässchen mit Goldmuster, blaue Kartonbecher, Löffel aus Metall oder neonfarbigem Plastik. In den Behältern ist Glace. Rot ist sie, orange oder weiss mit grünen Punkten. Am Tisch wird probiert. Das rote Eis ist Waldbeere. Es ist ein Sorbet, und doch ist die Konsistenz nicht kristallig oder hart, sondern lieblich zartschmelzend. Es verbreitet sich angenehm im Mund und setzt unzählige Aromen frei. Als befände man sich auf einem Spaziergang im Wald und bediente sich die Sonne auf der Haut hin und wieder der wilden Erd-, Him- oder Brombeeren. Das Rosmarineis steht dem Sorbet in nichts nach. Es ist cremig, schmeckt intensiv nach dem Kraut, aber nicht aufdringlich. Die caramellisierten Rosmarin-Nadeln geben der schmelzenden Masse eine Struktur.

Dilia Jampen

Tochter Dilia Jampen mit Glace-Chübeli.

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Markus Jampen vor seiner «Muck’s»-Gelateria.

Ursula Jampen

Entwickelt die Glace-Rezepte: Ursula Jampen.

Die Tischgesellschaft verstummt beim Degustieren. Im kleinen Raum nebenan surrt die Eismaschine, gerade drängt sich eine kalte, zähflüssige Masse langsam durch das Ventil und wälzt sich zum Behälter, in dem sie sich auftürmt. Es ist Apfelglace, und auch sie ist köstlich. «Meine Lieblingsglace ist immer die, die gerade frisch aus der Maschine kommt», sagt Ursula Jampen. «Dann ist die Konsistenz genau so, dass die Geschmacksnerven die Aromen am besten aufnehmen können.» Ursula Jampen ist nicht etwa Lebens­mitteltechnologin oder professionelle Glaceherstellerin. Sie ist Teilzeit-Fachlehrerin aus der Ostschweiz. Seit 33 Jahren lebt sie mit ihrem Mann und den mittlerweile erwachsenen drei Kindern im bernischen Müntschemier.

Die Familie bauerte. Der Betrieb ist seit Generationen in der Familie von Ursula Jampens Mann. Markus Jampen – im Dorf «Muck» genannt. Wie es sich im Seeland gehört, baute die Familie lange Zeit vor allem Gemüse an. Das gab viel Arbeit. Jampens hatten kaum Zeit, in die Ferien zu fahren. Waren sie doch einmal in Italien, genossen sie Glacen aus Gelaterien und träumten daheim davon. Damals gab es hierzulande noch kaum etwas Vergleichbares. Immer redeten sie mehr im Scherz davon, eigenes Eis zu machen. Aus Sehnsucht nach dem Süden, aber auch, weil sie immer nach einem Standbein nebst dem Gemüsebau suchten.

«Meine Lieblingsglace ist immer die,
die gerade frisch aus der Maschine kommt.»

Äpfel

Die schönen frischen Äpfel werden zu Glace.

Rosmarin

Rosmarin fürs Eis kommt aus Jampens Garten.

Zitronenbusch

Die Zutaten in den Glacen sind fast so frisch.

Glaceproduktion

Mitarbeiterin Nataliia Ivanenko füllt das Eis ab.

Glaceproduktion

Frisch aus der Maschine schmeckt es am besten.

Experimentierfreude

Als ihr Gemüsehändler den ungekühlten Kabis und die Zwiebeln aus ihrer Gemüsehalle nicht mehr wollte, wurde sie überflüssig. Da entschieden sie, es zu wagen. Sie bauten die Halle zu einer Gelateria und einem Glacelabor um. Dort stellen sie nun seit neun Jahren «Muck’s Gelati» her – nach Markus’ Übername. Das Eis kommt bis heute an. Aus gutem Grund: «Wir benutzen keine vorgefertigte Mischung. Wir sind eine Manufaktur und machen alles von Hand. Erdbeerglace entsteht bei uns aus Erdbeeren und nicht aus Milchpulver mit Erdbeeraroma. Auf künstliche Aromen verzichten wir ganz, ebenso auf Konservierungsmittel», sagt Ursula Jampen. Aber um Glacen von Grund auf zu produzieren, müssen sie das Rezept für jede einzelne Sorte selbst erarbeiten. Wie man dabei vorgehen muss, lernten sie von anderen Produzenten und einem Kurs an einer «Eisfachschule» in Deutschland.

Dann mussten sie viel probieren und experimentieren. Das tun sie noch heute. «Neulich habe ich im Supermarkt die Schoko-Schäumchen im Sonderangebot gesehen», erzählt Ursula Jampen. «Seit da gibt es bei uns eine Schoko-Schäumchen-Glace.» Während der Spargelernte gibt es Spargeleis. Sind im Sommer die Gurken reif, machen sie Gurkeneis. Insgesamt produzieren Jampens um die 90 Sorten. Nebst einigen traditionellen gibt es etwa Apfel-Stangensellerie-, Rüebli-Haselnuss-, Schnittlauch- oder Waldmeister-Glace.

«Wir benutzen keine vorgefertigte Mischung.
Wir sind eine Manufaktur und machen alles von Hand.»

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Jano, Ursula, Dilia, Markus und Anina Jampen.

Aus der Region

Die Zutaten sind wenn immer möglich aus der Region. Die Milch beziehen sie von der Käserei in Kerzers im Kanton Freiburg. Lange kam ein Teil des Gemüses vom eigenen Feld. Das ist mittlerweile schwierig, da auf ihren 17 Hektaren hauptsächlich Ackerkulturen wachsen. Gemüse bauen sie weniger an als früher. Die Glacemanufaktur läuft so gut, dass sie zu einem wichtigen Betriebszweig geworden ist. Mittlerweile beliefern sie Hof- und andere Läden in der Region mit ihren kleinen Glace-Kübelchen. 

Restaurants und Altersheime nehmen grössere Mengen und haben das Eis auf ihren Dessertkarten. Auch eine klassische Gelateria haben Mucks. An schönen Sommertagen stehen die Leute auch in Müntschemier an der Hauptstrasse Schlange. Fast wie in Zürich und Bern vor den bekannten Gelaterien, die es mittlerweile gibt. 

mucksgelati.ch

Glace
Schweizer Glaceproduzenten

Jampens sind nicht die einzige Bauernfamilie, die auf Glacen setzt. Auch in anderen Regionen haben Landwirtinnen und Landwirte das Genussmittel als Betriebszweig entdeckt. Zum Beispiel Familie Zemp mit ihrer Schintbühl-Glace. Sie und andere interessante Schweizer Glaceproduzenten stellen wir unter Fundstücke kurz vor.

Rezepte ― Therese Krähenbühl-Müller
 

«I scream, you scream, we all scream for ice cream», wird in einem alten Klassiker aus vollem Hals gesungen. Das ist verständlich, denn Eis hebt die Laune an heissen Sommertagen ungemein und lässt Feriengefühle auf­kommen. Wer sein Eis selbst macht, weiss auch genau, was darin enthalten ist, und kann den Zuckergehalt dosieren.

GLACE
Klassiker in der Tüte

Erdbeereis ist ein beliebter Klassiker. Die Basis davon bilden Rahm, Zucker, Eigelb und Vanillemark – also eine einfache Vanilleglace, die dann mit Erdbeeren oder optional auch anderen Früchten verfeinert wird.  

Zutaten
250 ml Rahm, 3 Eigelb, 80 g Zucker, Mark von einer Vanilleschote, 250 g pürierte Erdbeeren und ein Schuss Zitronen- oder Limettensaft. Optional etwas Konfitüre zum Dekorieren der Kugeln.

Zubereitung
Rahm, Zucker, Eigelb und Vanillemark zusammen in einer Schüssel im heissen Wasserbad schaumig rühren und eindicken lassen. Während die Masse auskühlt, werden die Erdbeeren gewaschen, vom Grünzeug befreit und zusammen mit dem Zitronensaft püriert. Das Ganze mit der Vanillemasse vermischen und in der Eismaschine (oder optional analog zum Vorgehen beim Sorbet im Eisfach) gefrieren lassen. Besonders gut schmeckt das Eis in hausgemachten Waffeln und mit einem Klecks Konfitüre obendrauf.

GLACE
Frische Granita für heisse Tage

Sauer macht lustig oder erfrischt zumindest ungemein. So ist das auch mit Zitronen-Limetten-Granita. 

 


Zutaten
3 Biozitronen und 2 Biolimetten, 100 g Zucker, ein Schuss Holunderblütensirup (damit kann die Süsse variiert werden).

Zubereitung
Die Zitronen und Limetten auspressen und zusammen mit 6 dl Wasser, dem Zucker und dem Holunderblütensirup aufkochen. Das Ganze auskühlen lassen und danach während mindestens vier Stunden gefrieren lassen. Auch hier ist es wieder sehr wichtig, dass die Masse jede halbe Stunde einmal umgerührt wird. Denn erst so entstehen die klassischen Kristalle, nach denen die Granita auch benannt ist.

Granita
Sorbet am Stiel

Eis am Stiel ist ein Klassiker, und bereits die bunten Farben zu sehen, zaubert an einem heissen Sommertag ein Lachen aufs Gesicht. Zusätzlich ist hausgemachtes Sorbet aus frischen Früchten sicher um einiges gesünder als gekauftes Eis. Die Mischung aus frischer Melone, Äpfeln und Basilikum sorgt für eine wahre Geschmacksexplosion im Mund. 

 

Zutaten
Pro Sorte je 75 g Zucker, 3 EL Wasser (optional noch 1 EL Schnaps) und Früchte (hier variiert die Menge je nach Sorte, fürs Melonensorbet 1 Honigmelone und fürs Apfel-Basilikum-Sorbet 2 Äpfel und eine Handvoll Basilikumblätter).

Zubereitung
Für beide Sorbets ist die Zubereitung gleich. Zuerst die Früchte schälen und zusammen mit dem Wasser und dem Zucker pürieren (beim Apfel-Basilikum-Sorbet auch das Basilikum direkt von Anfang an dazugeben). Idealerweise wird das Sorbet dann zuerst etwas gefroren, bevor man es in die Gefrierbehälter gibt. Perfekt ist es, wenn man dazu eine Eismaschine zur Hand hat. Durch das beständige Umrühren bekommt das Eis eine besonders schöne Konsistenz. Dieser Effekt kann aber auch dadurch erzielt werden, dass man das Eis während des Gefrierprozesses im Gefrierfach immer mal wieder umrührt – idealerweise so im Halbstundentakt, bis es eine festere Konsistenz hat. An diesem Punkt wird das Eis dann direkt in die Formen abgefüllt und über Nacht durchgehend im Eisfach gefroren.

Sorbet

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